Die Entwicklung von Split
Moin, moin! Ich bin Chris Carney und der Lead Level Designer von VALORANT. Bei mir ist heute der legendäre Level Designer Sal Garrozzo. Zusammen wollen wir uns folgender Frage widmen: Wo kommt Split eigentlich her und wie haben wir es von einer schwammigen Idee zu einer ausgefeilten Karte geschafft?
Die Design-Philosophie hinter den Karten von VALORANT ist relativ simpel. Wir haben eine große Bandbreite an Charakteren mit verschiedensten Fähigkeiten, die auch noch unterschiedlichste Waffen haben können. Anstatt nun Karten zu erschaffen, die alle gleich viele ideale Kampfsituationen für die wahnwitzige Zahl an Kombinationen bieten, gehen wir mit jeder Karte in eine ganz bestimmte Richtung.
Bei Bind fragen wir uns zum Beispiel: „Was wäre, wenn wir den mittleren Bereich der Karte (also die ‚Mitte‘), der auf einer traditionellen Karte mit zwei Zielen Möglichkeiten zum Flankieren gibt, entfernen würden?“ Was für Auswirkungen hätte das darauf, wie Teams aus fünf Spielern angreifen und verteidigen können? Können wir unter diesen Bedingungen überhaupt eine funktionierende Karte entwerfen? Das wird dann das Design-Ziel der Karte.
Dahinter steckt nicht die Absicht, jeder Karte einen „Gimmick“ zu geben, sondern sie um ein bestimmtes Gameplay-Erlebnis herum aufzubauen, das wir mithilfe ihres Grundrisses erschaffen können. Außerdem prüfen wir, wie sinnvoll neue Kartenmechaniken wie Einweg-Teleporter oder Seilleitern sein können und ob sie uns helfen, das festgelegte Ziel zu erreichen.
Sobald wir ein klares Ziel haben, können wir uns ansehen, ob das Spielerlebnis, das uns vorschwebt, überhaupt in VALORANT passt. Falls sich die Karte bei Spieltests nicht gut anfühlt, denken wir darüber nach, ob das an einer schlechten Ausführung liegt oder ob das Ziel einfach nicht gut ist. Wenn sie allerdings gut funktioniert, dann können wir uns darauf konzentrieren, wie wir sie noch besser machen können. Jede Karte wird eine neue Herausforderung, die Spieler lösen können. Dadurch machen die unterschiedlichen Karten das Gameplay vielfältiger und ermöglichen es, dass je nach Karte bestimmte Charaktere und Teamzusammensetzungen glänzen können.
Du kannst dir bestimmt vorstellen, dass das längst nicht immer klappt. Es gibt „Greybox-Level“ (eine „Greybox“ bezeichnet hier die erste spielbare Version einer Karte), die den Spielern niemals unter die Augen kommen werden. Andere Entwürfe haben sich mit der Zeit allerdings bewährt und tatsächlich ganze Jahre voller Anpassungen hinter sich, um es schließlich in die Kartenrotation zu schaffen.
Bei Split war es ähnlich.
DAS GRUNDKONZEPT
Bei Split war unsere Frage, ob man eine Karte mit einer relevanten Position abseits der Areale, die zur Verteidigung und Einnahme entscheidend sind, schaffen kann. Um es noch einfacher zu sagen: Kann sich eine taktische Karte wie King of the Hill spielen?
Split Version 1
Beim ursprünglichen Entwurf gab es in der Mitte der Karte einen einzelnen Turm mit kugelsicherem Glas, von dem aus die Verteidiger die Angreifer sehen konnten. Während der Tests haben wir festgestellt, dass der Turm tatsächlich eine relevante Position abseits der spielentscheidenden Areale war. Insgesamt war er aber etwas zu stark und verlagerte daher das Kampfgeschehen zu sehr von den eigentlichen Zielen zu sich. Deshalb haben wir den Turm auf zwei kleinere Türme aufgeteilt – einen pro Areal.
In dieser Version fand die Action wieder eher bei den Zielen statt, während Spieler über die Mitte in die kleineren Türme gehen konnten. Anstatt den Angreifer-Spawn im Blick zu haben, waren die Türme auf die Zielareale ausgerichtet und boten Angreifern und Verteidigern gleichermaßen eine gute Übersicht. Dadurch entstanden neue Gameplay-Möglichkeiten, die gut in das Spiel passten. Wenn die Angreifer einen Turm einnehmen, hilft ihnen das, die Areale zu kontrollieren!
Wir waren auf dem richtigen Weg! Allerdings war die Mitte immer noch zu wichtig und die Türme zu abgetrennt von den Zielen.
Split Version 3
Bei der dritten größeren Überarbeitung wurden die Türme mit den Arealen verbunden und dadurch zentraler Bestandteil der Gefechte um die Ziele. Spieler konnten von den Türmen in die Areale springen oder mit Leitern wieder hinaufklettern. Diese Elemente haben zwar gut funktioniert, aber dadurch wurde die Mitte leider zu einem großen, löchrigen Durcheinander aus wichtigen Zugängen – und damit nach wie vor der Fokus aller Kämpfe. Uns stand einiges an Arbeit bevor.
Die beste Lösung war, die Mitte in zwei Hälften zu teilen und diese dann direkt durch Korridore – die du heute als „Lüftung“ und „Kanalisation“ kennst – zu verbinden. Dadurch konnten wir die Kämpfe in der Mitte so aufbrechen, dass sich das Spiel eher um die Einnahme und Verteidigung der Türme drehte. Zusätzlich dazu gestalteten wir die Zielareale so, dass es schwieriger werden würde, sie ohne Kontrolle über den jeweiligen Turm zu halten. Wir hatten unser Ziel, Positionen abseits der spielentscheidenden Areale zu schaffen, erreicht.
Endlich hatten wir ein Konzept, mit dem das Team mehr als zufrieden war. Damit ging es zum nächsten Schritt: der künstlerischen Gestaltung.
BRINGEN WIR DAS „ART“ IN KARTE
Während Split all diese Überarbeitungen durchlief, hatte VALORANT thematisch mehrfach die Richtung geändert. Nun lag der Fokus auf Schauplätzen, die auf echten Orten auf der Erde basierten. Die Grundlage von VALORANTs „Kampfsystem“ waren schon immer taktische Schussgefechte mit echten Waffen gewesen, die von Zeit zu Zeit durch spektakuläre Fähigkeiten durchbrochen wurden. Wir wollten, dass das auch in der Welt sichtbar wird.
Split war nun eine japanische Stadt, die eine dramatische Verwandlung durchgemacht hatte, als Kingdom im Zuge seiner Machtausdehnung den Alltag der normalen Bürger komplett umkrempelte. Durch diese neue Gestaltungsrichtung konnten wir städtische Höfe und Gassen einbauen, die gut zum Grundriss der Karte passten, und gleichzeitig ein paar spektakuläre futuristische Highlights integrieren. Das Map-Art-Team erschuf eine unglaubliche Stadt der alten Welt, die im Schatten einer gewaltigen Forschungseinrichtung von Kingdom existierte.
Da wir immer wollen, dass die Gestaltung das Gameplay unterstreicht, und da die Gebiete rund um die Türme und Ziele schnell im Gedächtnis bleiben sollten, teilten wir die Karte in zwei getrennte Bereiche. Areal B sollte das ältere Viertel der Stadt sein, wohingegen Areal A Teil eines sich ständig ausdehnenden Technologie-Campus von Kingdom werden sollte. Jeder Teil der Stadt sollte sich außerdem rund um einen Radiant-Generator befinden, der die Zielareale kenntlich machen würde.
Städte können visuell überwältigend sein, da ist es immer essenziell, dass Spieler sich schnell orientieren und zurechtfinden können. Wir wollen, dass sich unsere Spieler Strategien ausdenken und Gegner bekämpfen können, anstatt mit der Karte zu kämpfen. Indem wir der Karte zwei verschiedene grafische Motive gaben, konnten wir einzigartige Orte von Interesse schaffen, die jede Seite der Stadt gut ergänzten. Diese Orte waren ein zentraler Bestandteil der Gestaltung und helfen den Spielern zusammen mit der klaren Raumaufteilung dabei, im Kopf schnell eine geistige Karte zu zeichnen, wie alles verbunden ist.
Letztendlich hat es Split, wie du ja wahrscheinlich weißt, bis ins Spiel geschafft. Wir arbeiten noch heute mithilfe der Spieler an der Umsetzung unserer Ideen. Mit Patch 1.0 wurde der Teil der Mitte, der zum Turm bei B führt, noch einmal überarbeitet und wir haben nach wie vor im Auge, wie alles funktioniert.
Wenn dieser Einblick für dich interessant war, dann kannst du dich schon auf weitere Geschichten über unsere Startkarten freuen. Und bis dahin sehen wir uns in der Stadt!